Die Musik von Hommage 2021: Die Hoffnung und das Virus

«Schon bei der ersten Begegnung mit der künstlerischen Leiterin von Hommge 2021, Liliana Heimberg, war klar, dass der Schlüsselbegriff des ganzen Projekts die Hoffnung ist. Eine gemeinsame Hoffnung. Dieses Streben nach dem Besten sollte sich nicht nur auf die Arbeit und das Engagement der Frauen um Chancengerechtigkeit beziehen. Es sollte jede Art von Hoffnung umfassen, jeden Weg, der in der Gemeinschaft oder ganz persönlich begangen wird. Aus diesem Grund sind die Worte des Refrains und die für den Text gewählten Bilder in einem Kontext verwurzelt, der mit der täglichen Erfahrung von uns allen und insbesondere mit dem Körper und seinen Empfindungen verbunden ist. Die Hoffnung wird so zu einem universellen Gefühl, das mit den Tränen, mit dem Lachen und mit dem Blutes fliesst – und das zu allen Zeiten nötig ist, damit wir unsere Weg gehen können.»

Dies schreibt die Tessiner Autorin Virginia Helbling, mit der die Arbeit vor etwa einem Jahr zunächst am Telefon und dann in einem Kaffee in Bellinzona angefangen hat. Was war es, was die Frauen in über hundert Jahren immer wieder angetrieben hat, sich einzusetzen für ihre Rechte, immer wieder aufzustehen, wenn sie zurückgeworfen wurden, immer wieder neue Ansätze zu finden, wenn über Jahrzehnte die Anstrengungen im Keim erstickt wurden? Virginia Helbling findet einen ersten Vers für den Chor und dann immer weitere. Ihr Befund: Nicht zu zählen die Stunden, die Arbeit, die durchwachten Nächte. Es einfach tun. Sich einfach einsetzen. Nicht aufgeben. Alles zu geben für das, was recht ist. Denn – so zeigt uns die Geschichte der Frauen, zeigen uns die Bilder, die wir dazu zusammengetragen haben – die Worte zählen, all die Anstrengungen zählen, das Überwinden der Zweifel zählt, das Drehen und Wenden der Möglichkeiten. Zwei Strophen sind es geworden. Drei Übersetzerinnen suchten hierauf nach dem passenden Ausdruck für die dichten Worte, denn viersprachig sollte der Chor singen, das war klar von Anfang an. Jean-François Michel, Komponist und Musiker aus Fribourg, fand in kürzester Zeit einen musikalisch überraschenden Einstieg in die Projektion und komponierte eine mitreissende Hymne für den Schluss. Virginia Helblings Verse hätten ihn ganz direkt angesprochen, sagt er.

Nun war es aber gerade der Chor, der sich in der Corona-Krise als besonders fragiles Element von Hommage 2021 erwiesen hat. 17 Chöre aus der ganzen Schweiz hatten sich angemeldet, um am 7. Februar 2021 live auf dem Bundesplatz mitzumachen. Dann wurden im November die Proben der Laienchöre verboten, eine Woche, bevor das gemeinsame Briefing für die Chorleiterinnen in Bern und die Tonaufnahmen für die Soundebene der Projektion hätte stattfinden sollen. Diskussionen über Schutzmassnahmen, Schutzgitter und Absperrungen statt künstlerischem Endspurt für die Ausstellung und die musikalische Bilderfolge auf dem Bundesplatz. Der Bundesplatz ist begehrt und weit im Voraus ausgebucht. Alternative Szenarien für die Durchführung von Hommage 2021 hatten schon seit dem Frühjahr 2020 vorgelegen, sie wurden jetzt intensiver erörtert. Längst hatte die Suche nach späteren Aufführungsdaten auf dem Bundesplatz begonnen. Im Dezember dann der Entscheid des Vorstands des Vereins Hommage 2021: Die Ausstellung soll stattfinden. Eine stille Erinnerung an den historischen Abstimmungstag wird es sein. Aber an eine Projektion auf dem Bundesplatz im Februar 2021 ist nicht zu denken. Ich erkläre Virginia Helbling am Telefon ausführlich die Optionen, die sich in der Zwischenzeit durch verschiedene Abklärungen aufgetan haben. Sie sagt nur: «Nein, bringe keinen Torso dieses Projektes. Bringe es ganz. Nicht weil ich daran gearbeitet habe. Sondern weil es stimmig war so, wie es war. Mit Chor. Mit allem.» Die Chöre sind weiterhin dabei. Nur zwei haben sich zurückgezogen.

Bellinzona/Zürich, Dez. 2020; VH/LH