Liliane Valceschini
Geboren im Vallée de Joux, ist Liliane Valceschini Präzisionsarbeiterin in der Uhrenindustrie. Sie engagiert sich schon im Alter von 17 Jahren in der Gewerkschaft, weil ihre Mutter ungerecht behandelt worden ist. Diese hat nämlich eine Gehaltserhöhung gefordert, die aber mit der Begründung abgelehnt worden ist, dass ihr Mann und ihre Tochter ebenfalls arbeiteten und sie deshalb kein zusätzliches Geld benötige. Als unermüdliche Aktivistin der Frauenbewegung kämpft Liliane Valceschini jahrelang für die Einführung des Frauenstimmrechts, die AHV sowie die Einrichtung einer Mutterschaftsversicherung. Sie ist empört, dass die 1981 in der Bundesverfassung verankerte Gleichstellung von Mann und Frau 1990 noch immer der Umsetzung harrt. Im Anschluss an eine Gewerkschaftsversammlung geisselt sie im selben Jahr in einem Restaurant die bestehende Lohnungerechtigkeit und lanciert die Idee eines Frauenstreiks, von dessen Notwendigkeit sie auch Christiane Brunner überzeugt. Diese unterbreitet die Idee dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund, der seinerseits nach längerer Diskussion die Durchführung einer solchen Protestaktion beschliesst. Der Frauenstreik, der am 14. Juni 1991 stattfindet, wird rasch zu einem wichtigen Ereignis in der Geschichte der schweizerischen Frauenbewegung. Liliane Valceschini kündigt ihre Arbeitsstelle einige Jahre später wegen der ungerechten Bezahlung. 2012 wird sie in einer Ehrung zu den 14 bedeutenden Waadtländerinnen gezählt, welche die Sache der Frau entscheidend vorangebracht haben. Sie erlebt noch den zweiten Frauenstreik am 14. Juni 2019, bevor sie am 23. November 2019 in Yverdon stirbt.
Fiona Silva-Vincent
Weitere Informationen:
Ursula Gaillard, Mieux qu'un rêve, une grève! La grève des femmes du 14 juin 1991 en Suisse, Lausanne, 1991.
Maja Wicki, Wenn Frauen wollen, kommt alles ins Rollen. Der Frauenstreiktag vom 14. Juni 1991, 1991, pp. 45-51
Medienfrauen der SJU und des SSM (éd.): La grève des femmes dans les mass media, 1992