1911 – 1999

Marie Boehlen

Marie Boehlens Mutter hatte in erster Ehe mit einem trinkenden Gatten, danach als alleinerziehende Näherin mit kargem Lohn und fünfstündigen Fussmärschen traurige Erfahrungen gemacht. Nach Mutters zweiten Heirat konnte Marie in Riggisberg als Tochter eines Kleinbauern und Nagelschmieds mit fünf Geschwistern aufwachsen. Dass sie mehr als nur die Primarschule besuchen konnte, war ein Wunder. Doch sie kämpfte, bestand die Matura und überstand eine unglückliche Verlobung gefestigt. Sie arbeitete in Algier als Aupair, bevor sie als Werkstudentin Rechtswissenschaften studierte. Es war ihr danach unmöglich, eine angemessene Stelle zu finden. Man teilte ihr mit, Frauen stelle man nur als Stenotypistinnen ein. Nach solchen Erfahrungen war Marie Boehlen motiviert, sich an vorderster Front für die Anliegen der Frauen einzusetzen. Trotz Anfeindungen warnte sie vor der Illusion, man könne in der Verfassung mit einem Federstrich aus dem Schweizer eine Schweizerin machen. Boehlen verwies auf den steinigen Weg eines Abnützungskampfes für das Frauenstimm- und Wahlrecht. Beim ersten, noch erfolglosen Versuch von 1959 führte sie die Frauen an. Schliesslich wurde die SP-Frau beruflich die erste vollamtliche Jugendanwältin der Schweiz und politisch eine der frühesten Berner Stadt- und Grossrätinnen.
Franziska Rogger

Weitere Informationen:
https://www.ebg.admin.ch/ebg/de/home/dokumentation/persoenlichkeiten-aus-der-schweizer-gleichstellungsgeschichte/marie-boehlen--1911-1999-.html
https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/009275/2007-06-11/
Eine Frau macht Politik: Marie Boehlen 1911-1999 / Liselotte Lüscher, Zürich 2009
Kinder, Krieg und Karriere: Selbstbildnisse aus der Mitte des 20. Jahrhunderts / Franziska Rogger, Bern 2016




Bild Marie Boehlen

Keystone

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