Gabrielle Perret-Gentil
In den 1950er Jahren war die Chirurgie eine reine Männerdomäne. Vor einer Frau, welche die Frechheit besass, in diesem Bereich ihren Platz zu behaupten, musste man sich zweifellos in Acht nehmen. Gabrielle Perret-Gentil wird 1910 in Genf geboren. Ihre Familie ermutigt sie zu einer akademischen Ausbildung. Sie ist das einzige Mädchen in ihrer Klasse am Collège Calvin, an dem sie eine altsprachliche Matur ablegt. An der Universität Genf schreibt sie sich danach in den Fächern Biologie und Medizin ein und schliesst ihr Studium mit dem Doktorat ab. Ihre Ehe, der zwei Söhne entspringen, hat nur kurz Bestand. Perret-Gentil arbeitet an Geburtskliniken in der Schweiz sowie 1943-1945 in Deutschland. Zurückgekehrt nach Genf, eröffnet sie eine Praxis für Gynäkologie und Geburtshilfe, wobei sie grossen Anfeindungen aus dem ärztlichen Umfeld ausgesetzt ist. Im Wissen um die psychischen Qualen sowie um die sozialen und wirtschaftlichen Sorgen, mit denen schwangere Frauen konfrontiert sein können, beschäftigt sich Perret-Gentil mit den Problemen des absichtlichen Schwangerschaftsabbruchs. Um unabhängig handeln zu können, eröffnet sie die Klinik Vert-Pré. Weil sie unter strikter Einhaltung des Strafgesetzbuches (Artikel 120) Abtreibungen vornimmt, macht sie sich viele Feinde. 1968 veröffentlicht Perret-Gentil das Buch «Avortement et contraception». 10 Jahre nach ihrem Tod wird eine Strasse nach dieser avantgardistischen Frau benannt.
Sabine Lorenz
Begründung Schulklasse Auswahl Ausstellung:
«Gabrielle Perret-Gentil hatte den Mut, sich 1950 in der damaligen Männerdomäne Chirurgie zu behaupten. Sie eröffnete eine Klinik für Frauen in gesellschaftlich und wirtschaftlich schwierigen Situationen. Oder einfacher ausgedrückt: Sie half anderen, indem sie Abtreibungen vornahm, und bewies somit grosse Willensstärke.»
Klasse DGCV-P2A, Berufsbildungszentrum Bauwesen Petit-Lancy. Lehrperson: Silvia Medina-Lauper
Weitere Informationen:
Daniel Tuchschmid, Gabrielle Perret-Gentil in : Deuber Ziegler, Erica,
Tikhonov, Natalia (dir.), Les Femmes dans la mémoire de Genève, du XVe
au XXe siècle, Genève, Éditions Suzanne Hurter, 2005, pp. 247-249
https://fr.wikipedia.org/wiki/Gabrielle_Perret-Gentil, vu le 6.6.2020
https://www.letemps.ch/suisse/guerilla-lavortement-une-histoire-suisse, vu le 6.6.2020